Impfgegner und Strafrecht

vor etwa einem Jahr

In der Debatte rund um die angekündigte Impfpflicht tragen einzelne Demonstranten einen gelben Judenstern mit der Aufschrift „ungeimpft“.

Mit diesem Symbol soll offenbar ein Vergleich der nationalsozialistischen Judenverfolgung mit den aktuell für ungeimpfte Personen geltenden Corona-Maßnahmen suggeriert werden. Manche Impfgegner bezeichnen sich sogar als „neue Juden“. Abgesehen von der moralisch äußerst bedenklichen Ausdrucksweise stellt sich die Frage, inwieweit ein solches Verhalten strafbar sein kann.

In erster Linie kommt ein Verstoß gegen das Verbotsgesetz in Frage. Nach § 3h Verbotsgesetz wird bestraft, wer in einem Druckwerk, im Rundfunk oder in einem anderen Medium oder wer sonst öffentlich auf eine Weise, dass es vielen Menschen zugänglich wird, den nationalsozialistischen Völkermord oder andere nationalsozialistische Verbrechen gegen die Menschlichkeit leugnet, gröblich verharmlost, gutheißt oder zu rechtfertigen sucht.

Zum Beispiel fällt das Bestreiten der Existenz von Gaskammern in Auschwitz (sogenannte „Auschwitz-Lüge“) unter den Tatbestand des § 3h Verbotsgesetz.
Es lässt sich durchaus diskutieren, ob das Tragen eines Judensterns oder eine Fotomontage zeigend das Tor zum Konzentrationslager in Auschwitz mit der Aufschrift „Impfen macht frei“ eine gröbliche Verharmlosung der nationalsozialistischen Judenverfolgung darstellt.

Meines Erachtens ist eine Prüfung im Einzelfall vorzunehmen, bei welcher insbesondere die konkrete Wortmeldung und Intention des Täters sowie sein sonstiges Verhalten einer sorgfältigen Prüfung zu unterziehen ist. Dabei besteht naturgemäß ein gewisses Spannungsfeld zur Meinungsäußerungsfreiheit und deren Grenzen.

In Erwägung zu ziehen ist noch, ob eine nationalsozialistische Betätigung (etwa im Sinne des § 3g Verbotsgesetz) intendiert ist. Eine „Betätigung im nationalsozialistischen Sinn“ meint jedes Verhalten, das geeignet ist, (zumindest) eine der spezifischen Zielsetzungen der NSDAP – im Inland oder mit Auswirkung auf die Republik Österreich – zu neuem Leben zu erwecken oder zu propagieren und solcherart zu aktualisieren.

Eine solche nationalsozialistische Betätigung wird man den Demonstranten im Falle der hier diskutierten Verhaltensweisen eher nicht unterstellen können. Schließlich scheinen diese eher der Provokation, der Erlangung einer Opferrolle und dem Verschaffen von Gehör als dem Erwecken nationalsozialistischen Gedankenguts oder dessen Gutheißung zu dienen.

Letztlich bleibt die Entscheidung den ordentlichen Gerichten vorbehalten. Da soweit ersichtlich ein vergleichbarer Sachverhalt den österreichischen Höchstgerichten noch nicht zur Prüfung vorgelegt wurde, kann die Frage nach der strafrechtlichen Verantwortlichkeit nicht mit Sicherheit beantwortet werden.

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